Laut Weltwirtschaftsforum dauert es noch etwa 133 Jahre, bis Männer und Frauen weltweit sowohl gesellschaftlich, politisch als auch wirtschaftlich gleichgestellt sind. Im Jahr 2019 stellte der Mikrozensus zudem fest, dass nur etwa 34 Prozent der Selbstständigen in Deutschland Frauen sind. Dabei steigt diese Zahl im Vergleich zu den Vorjahren kontinuierlich an. „Wir befinden uns bereits auf einem guten Weg, was das Thema Frauen und Selbstständigkeit anbelangt, sind aber leider immer noch nicht am Ziel“, erklärt Michaela Schenk, Inhaberin und Geschäftsführerin des Kleiderbügelherstellers MAWA GmbH. Sie selbst übernahm im Jahr 2007 das Unternehmen aus der Insolvenz und stand bereits kurze Zeit später der Weltwirtschaftskrise von 2009 gegenüber. Dennoch bereute sie zu keinem Zeitpunkt diesen Weg gegangen zu sein und ermutigt besonders Frauen, es ihr gleichzutun – ohne Angst vor Rückschlägen zu haben.
Aktiv Türen schließen
Der Bundesverband Deutsche Startups kam in seinem „Female Founders Monitor 2020“ zu dem Ergebnis, dass nur 16 Prozent aller Start-up-Gründer im Jahr 2020 weiblich waren. Dabei gibt es zahlreiche Gründe dafür, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Gerade berufliche Krisen oder Stillstand in der Karriere stellen einen Denkanstoß dar, etwa weil einige Frauen bei ihrem Aufstieg auf der Karriereleiter die sprichwörtliche gläserne Decke zu spüren bekommen, sie nach der Babypause andere Ansprüche an den Job haben oder weil sie sich nach einigen Jahren einfach verändert haben und bemerken, dass das Unternehmen oder der Beruf nicht mehr zu ihnen passt.
„Ich komme aus einer Familie, in der Selbstständigkeit ganz normal ist. Daher hatte ich auch wenige Zweifel, als ich meinen Job als Geschäftsführerin des Süddeutschen Verlags aufgab und mir vornahm, ein Unternehmen zu finden, dass ich aufkaufen wollte. Für mich spiegelten die klassischen Printmedien nicht mehr die Zukunft wider und ich hatte das Gefühl, dass mich dieser Weg einfach nicht weiterbringt“, so Schenk und erklärt weiter: „Manchmal muss man sich aktiv dafür entscheiden, eine Tür zu schließen, einen Job zu kündigen, damit sich andere öffnen können.“ Frauen entscheiden sich aber eher seltener dazu, diesen Schritt zu gehen, da sie als vermeintlich risikoscheuer gelten als Männer.
Richtungswechsel statt Stagnation
Außerdem mangelt es oftmals an Vorbildern für wirtschaftlich erfolgreiche und unabhängige, selbstständige Frauen. Demgegenüber haben viele Männer ein besseres Netzwerk und ziehen sich gegenseitig mit. Das bemerken viele Gründerinnen spätestens, wenn es darum geht, eine geeignete Finanzierung für ihr Unternehmen zu finden. Auf der Seite von Venture-Capital-Gesellschaften oder auch unter Business Angels sind weitaus weniger Frauen vertreten.
So bewerten laut des „Female Founders Monitor 2020“ fast dreißig Prozent der Männer den Zugang zu Kapital und Investitionen als positiv, aber nur 16,5 Prozent der befragten Frauen. Dabei liegt das in erster Linie daran, dass Menschen besonders gern mit Personen agieren, die ihnen ähnlich sind. Zu diesem Schluss kamen Wissenschaftler bereits in den 70er-Jahren. Umso mehr gilt es für Frauen, ebenfalls Netzwerke zu bilden. „Bevor ich das Unternehmen kaufte, hatte ich häufig das Problem, nur männliche Vorgesetzte zu haben. Als Unternehmerin musste ich meine eigene Art zu führen, erst finden, meinen eigenen Stil entwickeln, denn Frauen führen anders als Männer“, weiß Michaela Schenk. Dabei kann für Frauen wie für Männer gleichermaßen bereichernd sein, auf weibliche Führungskräfte als Vorbilder zurückgreifen zu können. Schließlich hat sich der Arbeitsmarkt verändert, ist diverser geworden. Wer früher als Jugendlicher beispielsweise eine Lehre bei der Bank absolvierte, behielt diesen Beruf ein Leben lang bei. Mittlerweile geht es vielmehr darum, sich eine solide Wissensbasis mit Kernkompetenzen anzueignen und dann dieses Wissen in andere Bereiche zu transferieren. „Ich möchte jeden dazu ermutigen, seinen eigenen Weg zu gehen, beruflich auch einmal die Richtung zu wechseln und seine Kompetenzen in einer anderen Branche einzusetzen, auch mal mutig zu sein und ein Risiko einzugehen. Denn wie mein Vater früher immer schon sagte: ‚Bange machen gilt nicht!‘“, so Schenk abschließend.